28.02.2017

Placeboeffekt – Wort des Tages

Placeboeffekt - Wort des Tages - EVS Translations
Placeboeffekt – Wort des Tages – EVS Translations

Das Wort Placebo begann als Übersetzungsfehler. Als Jerome die Bibel aus dem Griechischen ins Lateinische übersetzte, unterlief im in Psalm 116, Zeile 9 (moderne Ausgabe) ein Fehler: anstelle von Ambulabo coram Domino, „Ich werde wandeln vor dem Herrn“, schrieb er damals Placebo Domino, „Ich werde den Herrn erfreuen“.

So wurde das Wort Placebo seit dem 13. Jahrhundert die Bezeichnung für das Totenoffizium im Gottesdienst, wo der Vers vom Chor gesungen wurde. Später verspotteten die Menschen die Chorsänger wegen ihrer angeblichen Verbindung zum jeweils Verstorbenen, womit sie hofften, etwas vom Totenmahl oder auch Geld zu erhaschen, und nannten sie Placebosänger.

Im Englischen wurde das Wort – in der Bedeutung ‚Vesper des Totenoffiziums‘ – erstmalig in Ancrene Wisse, einem anonymen klösterlichen Leitfaden aus dem 13. Jahrhundert, erwähnt.

In den folgenden Jahrhunderten entwickelte sich die allgemeine Bedeutung des Wortes: ‘jemand, der mit allen möglichen Mitteln zu gefallen versucht, ein serviler Schmeichler’.

So verwendet Geoffrey Chaucer in seinen Canterbury Tales das Wort Placebo als Name für den unterwürfigen Bruder des Protagonisten.

Im 16. Jahrhundert gab man Menschen, die Zeichen einer teuflischen Besessenheit zeigten, Scheinreliquien. Offensichtlich waren aber die Dämonen nicht geschickt genug, den Unterschied zwischen einer echten und einer Scheinreliquie zu erkennen, denn die meisten Besessenen sprachen gut auf die Täuschung an.

Zwei Jahrhunderte später war das Wort Placebo in der medizinischen Fachsprache angekommen. Und das Verschreiben von Scheinmedikamenten zur Beruhigung des Patienten und nicht zur Erzeugung einer unmittelbaren therapeutischen Wirkung wurde allgemein üblich.

In dieser Zeit verabreichten Ärzte häufig einfache und wirkungslose Mittel (Brotpillen, Tropfen gefärbten Wassers, Pulver aus der Asche des Hickorybaums, Milchzucker) an ihre hypochondrischen und starrköpfigen Patienten.

Die erste nachgewiesene Verwendung im Englischen 1785 in George Motherbys A new medical dictionary: or, general repository of physic zeigt, dass diese Praxis üblich war: „Placebo, eine verbreitete Methode oder Medizin.“

Im selben Jahr wurde die klinische Anwendung absichtlich verabreichter Placeboarzneimittel zum ersten Mal dokumentiert.

1807 beobachtete Thomas Jefferson etwas, was er als frommen Betrug bezeichnete. Einer der erfolgreichsten Ärzte hatte ihm nämlich versichert, dass er mehr Placeboarzneien anwende, als alle anderen Medikamente zusammengenommen.

Placeboeffekt

Graves war der Erste, der den Placeboeffekt in unserer heutigen Zeit in einem in The Lancet 1920 veröffentlichten Beitrag dokumentierte. Doch bereits 2 Jahrzehnte früher war der Begriff im Sanitarian aufgetaucht: „Es ist nicht bekannt, dass Ameisensäure als Gegenmittel gegen Viren irgendeinen Wert hat und es kann sein, dass hier lediglich ein Placeboeffekt …beobachtet wurde.“

In den 70igern wurden randomisierte kontrollierte Arzneimitteltests, bei denen die Teilnehmer entweder einer Gruppe, die das Arzneimittel erhielt, oder einer Kontrollgruppe, die ein Placebo erhielt, zugeordnet wurden, zu einem wichtigen Instrument bei der Genehmigung und dem Verkauf von neu entwickelten Arzneimitteln.

Die Erklärungen dafür, warum ein Placebo, eine Substanz ohne bekannte medizinische Wirkung, sowohl eine physische als auch eine psychologische Wirkung besitzen kann, sind hauptsächlich mit der Kraft des Glaubens und der Erwartung sowie der Freisetzung von Endorphinen verknüpft, welche, aufgrund des erwarteten positiven Effekts, schmerzstillend wirken.

Die Ergebnisse können aber auch negativ sein, denn einige Patienten könnten in Reaktion auf ein Placebo auch über Kopfschmerzen, Übelkeit oder Schwindel klagen, was als Nocebo-Effekt bezeichnet wird.