18.07.2018

Aktiengesellschaft vs Societas Europaea / SE

Aktiengesellschaft vs Societas Europaea / SE - EVS Translations
Aktiengesellschaft vs Societas Europaea / SE – EVS Translations

Die Rechtssprache und der Prozess der Geschäftsgründung in Europa können viel Verwirrung stiften und wirken auf manchen abschreckend.

Wir wollen hier nicht jede mögliche Rechtsform einer Geschäftsgründung in Europa erörtern, sondern einmal einen Blick werfen auf 2 der größeren und bekannteren Unternehmensformen und diese miteinander vergleichen: die Aktiengesellschaft (AG) und die Societas Europaea (SE). Worin sind sie sich ähnlich und was unterscheidet sie voneinander?

Da ist zunächst die deutsche AG, eine Kurzform für Aktiengesellschaft. Gegründet in Deutschland, Österreich, der Schweiz und in Südtirol (Italien), impliziert diese Organisation mit dem einschüchternden Namen nur, dass es sich um ein börsennotiertes Unternehmen mit beschränkter Haftung handelt, das an einem Ort ansässig ist, im Wesentlichen eine Kapitalgesellschaft. Unabhängig davon, ob es sich um eine sehr große Kapitalgesellschaft oder ein Unternehmen in einer kleinen Stadt handelt, müssen sich alle AGs an bestimmte Regeln halten. So muss es beispielsweise 5 oder mehr Gründungsmitglieder geben, es muss ein Anfangskapital von € 50.000 vorhanden sein, es müssen regelmäßige Gesellschafterversammlungen stattfinden, es muss eine Gesellschaftssatzung geben und ein duales Führungssystem. Daneben gibt es, abhängig von der Größe des Unternehmens, innerhalb des dualen Führungssystems weitere Anforderungen: beispielsweise ist ab einer bestimmten Aktienwertgrenze ein größerer Vorstand erforderlich, während mehr Mitarbeiter eine stärkere Mitarbeitervertretung im Aufsichtsrat erfordern (500 und mehr Arbeiter = ⅓ des Aufsichtsrats wird von Mitarbeitern vertreten, 2.000 und mehr Arbeiter = ½ des Aufsichtsrats wird von Mitarbeitern vertreten).

Was ist eine SE?

Viele Jahre lang war die AG in Mitteleuropa der Status quo. Aber in den letzten 15 Jahren der europäischen Integration erleben wir eine neue Unternehmensform, die SE. Lateinisch für „Europäische Gesellschaft“ ist die Societas Europaea im Wesentlichen ein europäisches multinationales Unternehmen. Dieses weist viele typische Eigenschaften einer AG auf und so kann man vielleicht sagen, dass es sich um eine deutsche Gesellschaft im europäischen Gewand handelt, wenn man argumentiert, dass immer noch nationale Regeln/Vorschriften gelten und Unternehmensregeln/-vorschriften größtenteils standardisiert wurden. Aber bei dieser Unternehmensform gibt es dennoch ein paar ganz spezifische Unterschiede, die man sich einmal näher anschauen sollte:

Zum einen braucht man zur Gründung ein größeres Mindestkapital (€ 120.000); außerdem ist sie auf multinationale Unternehmen beschränkt, d. h. der Definition nach auf Gesellschaften, die in mindestens 2 europäischen Ländern vertreten sind, entweder durch Fusion, als Holding, Tochtergesellschaft oder einfach durch die Art ihres Geschäfts. Zum anderen – und hierin liegt der auffälligste Unterschied – ist die Verwaltung eine hybridisierte Form aus Ländern mit Common Law und Ländern mit Zivilrecht: anders als die AG bietet die SE sowohl eine monistische (one-tier) als auch eine dualistische (two-tier) Verwaltungsstruktur, wobei es sich bei der monistischen um ein Verwaltungsorgan und bei der dualistischen um das AG-Modell mit Verwaltungs- und Aufsichtsorgan handelt. Erwähnenswert ist noch, dass eine SE nicht ohne ein Modell der Mitarbeiterbeteiligung gegründet werden kann, welches aufgrund einer Vereinbarung zwischen der Unternehmensleitung und den Mitarbeitern selbst gewählt wird, wobei es in den Mitgliedsstaaten unterschiedliche Bestimmungen für das genaue Verfahren und den Umfang der Mitarbeiterbeteiligung an der Unternehmensleitung gibt. So hat beispielsweise der Mitgliedsstaat mit der höchsten Zahl registrierter SEs oder, um genau zu sein, registrierter Mantel-SEs – die Tschechische Republik – keine strikten Voraussetzungen bezüglich der Mitgliederzahl von Gesellschaftsorganen und eine Beteiligung der Arbeitnehmer ist nicht zwingend erforderlich; im Gegensatz dazu die nationalen AGs mit mehr als 50 Beschäftigten, bei denen die Belegschaft ⅓ der Mitglieder des Aufsichtsrats wählen muss. Während in Deutschland, dem Mitgliedsland mit der zweithöchsten Zahl registrierter SEs, die Form der Mitarbeiterbeteiligung auf Konzernebene durch das SEBeteiligungsgesetz (SEBG) genau festgelegt ist, entsprechend dem Betriebsverfassungsgesetz, das besagt, dass in Unternehmen mit mehr als 2.000 Mitarbeitern die Arbeitnehmer mit 50 % der Sitze im Aufsichtsrat vertreten sein müssen (dieser hat üblicherweise 12 Mitglieder). Auf Gründungsebene wird die Arbeitnehmervertretung hauptsächlich durch den Betriebsrat sichergestellt, der nach deutschem Recht das einzige repräsentative Organ ist und dessen Größe von der Zahl der beschäftigten Mitarbeiter abhängt.

Die Entscheidung, welche Art der Geschäftsgründung für Ihr Unternehmen die richtige ist, ist manchmal nicht einfach und hängt im Wesentlichen vom Unternehmensstandort, der Unternehmensvision und der gewünschten Mitarbeiterbeteiligung ab. Und ein Unternehmen kann schnell paneuropäisch werden und Übersetzungsdienste für Betriebsräte, Vorstandssitzungen, Audits, gesetzliche Anforderungen oder auch die alltäglichen Unternehmensfunktionen benötigen

EVS Translations hat Unternehmen bei der Erreichung des SE-Status erfolgreich unterstützt. Unsere Kenntnis im Übersetzungsbereich der Gesetzgebung der Europäischen Union, der Mitbestimmungsgesetze, insbesondere in Deutschland, und unsere Fähigkeit, erfahrene Dolmetscherteams anbieten zu können, sind hierbei Schlüsselelemente.