02.10.2017

Die Ritter der Übernahme

Die Ritter der Übernahme - EVS Translations
Die Ritter der Übernahme – EVS Translations

Feindliche Übernahmen – definiert als vom Vorstand und den Managern eines Unternehmens ungebetene Fusionen und Akquisitionen – können auf vielfältige Weise abgewehrt werden. Einige bekannte Taktiken sind beispielsweise die Macaroni Defense, die Giftpille oder der goldene Fallschirm.

Doch dies sind nur einige Beispiele für die bildreiche M&A-Sprache, in der Ritter verschiedener Couleur als Begrifflichkeiten für die jeweiligen Eigenheiten potenzieller freundlicher oder feindlicher Übernahmen herangezogen werden.

Den Anfang machen die schwarzen Ritter, jene Strolche, die die Durchführung feindlicher Übernahmen von börsennotierten Unternehmen (Übernahmen von Privatunternehmen sind in aller Regel freundlich) anbieten oder umsetzen.

In der Regel geraten wertvolle Unternehmen ins Visier der schwarzen Ritter, doch das Endziel ihres Übernahmeversuchs ist immer, das Zielunternehmen abzustoßen oder in verschiedene Organisationen aufzubrechen. Deshalb stoßen sie bei Managern und Anteilseignern auf großen Widerstand.

Und gleich wie in der Artussage kommt der strahlende Held in Weiß daher, um das Unternehmen in Nöten zu retten, indem er die Möglichkeit anbietet, die feindliche Übernahme durch eine freundliche Akquisition unwirksam zu machen. In der Regel fordert der Vorstand des Zielunternehmens einen verbündeten Investor, der als weißer Ritter bezeichnet wird, dazu auf, das feindliche Angebot zu überbieten oder mit dem Management des Käufers ein vorteilhafteres Geschäft zu vereinbaren, das in der Regel im Falle einer erfolgreichen Übernahme beinhaltet, dass der Vorstand nicht ersetzt wird und dass die Anleger bessere Bedingungen für ihre Anteile erhalten.

Der weiße Ritter kann gegebenenfalls zustimmen, einen Mehrheitsanteil oder das gesamte Zielunternehmen zu kaufen. Demgegenüber bezeichnet man einen Investoren, der nicht beabsichtigt, einen Mehrheitsanteil zu erwerben und der beim Schutz gegen eine feindliche Übernahme nicht die Schlüsselrolle spielt, sondern eher als Symbolfigur dient, als weißen Knappen (White Squire).

Es kann vorkommen, dass ein dritter potenzieller Übernahmekandidat das Schlachtfeld betritt und sich zwischen den anderen Parteien positioniert – weniger vorteilhaft als der weiße Ritter, aber viel attraktiver als der schwarze Ritter. Logischerweise wird dieser Deuteragonist im Übernahmedrama und der Kandidat, dem es in erster Linie darum geht, potenzielle Schwierigkeiten zwischen dem ersten Übernahmekandidaten und dem Zielunternehmen zu identifizieren, aufgrund seiner „mittleren“ Position zwischen dem weißen und schwarzen Ritter also als grauer Ritter bezeichnet.

Wie es in der Sage manchmal der Fall ist, kann ein böser Charakter geläutert werden und sich auf die Seite des Guten schlagen. So kann es vorkommen, dass ein schwarzer Ritter seinen Versuch einer feindlichen Übernahme zurückzieht und stattdessen ein Fusionsgeschäft mit dem Zielunternehmen vorschlägt – entweder, weil sich seine Strategie geändert hat oder weil er die wachsenden Kosten der zu Anfang geplanten feindlichen Übernahme aufgrund eines strategischen Verteidigungsplans seines Ziels nicht mehr stemmen kann. In solch einem Szenario beschreibt die Farbe, die dem gelben Ritter zugeschrieben wird, nicht den Wandel des Antagonisten, der seine dunkle Rüstung zugunsten eines strahlenden Erscheinungsbildes abgelegt hat. Vielmehr steht sie für dessen Feigheit und Schwäche, da er sich angesichts der nun ungünstigen Verhältnisse sprichwörtlich in die Hose macht.