Bei dem Wort native tauchen vor unserem geistigen Auge oft Bilder von Volksstämmen in entlegenen subtropischen Gegenden auf, die sich in einer primitiven Sprache verständigen und Speere oder Pfeil und Bogen verwenden. Aber es könnte auch sein, dass man dabei an Vorstadtmenschen in Poloshirts denkt, die iPhones auf ihre arglosen Opfer schleudern.
Spaß beiseite –mehr denn je sorgt die Technik für eine Kluft zwischen den Menschen. Früher verlief diese Kluft gewöhnlich zwischen Menschen, die sie verstanden und begrüßten, und denen, bei denen dies nicht der Fall war; bei unserem heutigen Begriff geht es dagegen um Menschen, die in die Technik hineingeboren wurden und mit ihr aufgewachsen sind und solchen, bei deren Geburt es sie noch gar nicht gab.
Schauen wir uns den Begriff Digital Native einmal genauer an, dann stellen wir fest, dass es sich um eine Kombination aus digital, vom Lateinischen digitus, handelt, was ursprünglich ‘zu den Fingern gehörend’ bedeutet, und native, vom Lateinischen nativus, mit der Bedeutung ‘hervorgebracht durch Geburt’.
Der Gedanke von native ist bei unserem heutigen Wort geblieben, aber digital wird nicht in seiner ursprünglichen Bedeutung, sondern für die Zahlen zur Codierung von Programmen für computerisierte Daten verwendet; unser Wort steht also im Wesentlichen für die Generation von Menschen, die in das Zeitalter des Internet hineingeboren wurden.
Der Begriff Digital Native stammt aus einem Vortrag von 1996 mit dem Titel „A Declaration of the Independence of Cyberspace”, in welchem der Autor John Perry Barlow (von der Electronic Frontier Foundation) die Rolle der Regierung im Internet umreißt und feststellt: „Man wird von seinen eigenen Kindern überholt, denn sie sind [digital] natives in einer Welt, wo man selbst immer der [digital] immigrant sein wird.”
Im Wesentlichen geht es bei dem heutigen Wort um einen Verständniskonflikt. Anders als in früheren Zeiten, als die Menschen dieselben Gedanken und Auffassungen teilten, auch wenn es aus technologischer Sicht einen Abstand gab (denken Sie einmal an Ihre Eltern oder Großeltern, die Sie bitten, den Fernseher zu programmieren oder einen Drucker anzuschließen), beschreibt es, wie sich durch Technik und Internet die Art und Weise verändert hat, in der Menschen, die mit dieser Technik aufgewachsen sind, mit denjenigen interagieren, die sie erst mühsam erlernen mussten.
Typisches Beispiel: beobachten Sie einmal, wie unglaublich wichtig 4GLTE oder Wifi für jemanden unter 30 ist, während die meisten über 50-Jährigen sich sagen, davon hängt mein Leben nicht ab, das Internet kann warten. Das soll natürlich nicht heißen, dass alle nach Einführung des Internet Geborenen leidenschaftliche Programmierer oder immer technologisch versiert sind, aber weil sie praktisch damit aufgewachsen sind und es für sie immer da war, sind sie einfach in einer besseren Position als jemand, der sich noch an eine Zeit davor erinnern kann.
