05.01.2017

Minestrone

Minestrone - Wort des Tages - EVS
Minestrone – Wort des Tages – EVS

Ein typisches Herbstproblem der Ersten Welt – kaum hat man seinen perfekten Sommer-Look gefunden, gibt es zwei Wochen lang Pulloverwetter, und schon ist der Herbst da, alles geht wieder von vorne los und man hat wieder nichts zum Anziehen! Beim Essen ist es zum Glück anders, denn mit den kühlen Tagen kommt auch das ‚Essen für die Seele‘ zurück auf den Tisch und Aussprüche wie „O Mann, diese Suppen, Eintöpfe, Aufläufe und Schmorgerichte, ich habe sie so satt!” hört man eigentlich eher selten. Und das Beste an der Küche der kalten Jahreszeit ist, dass man praktisch alles in einen Topf werfen kann, was man gerade da hat, und in weniger als einer Stunde hat man eine köstliche Mahlzeit!

Das klingt eigentlich ganz nach Minestrone, der traditionellen Suppe aus Italien, voll mit lauter nahrhaften Zutaten wie Gemüse, Pasta oder Reis und einer guten Brühe.

Dicke Gemüsesuppen werden weit und breit gerühmt, auch weil sie so gesund sind, und die Minestrone gab es schon vor dem Römischen Reich und hat es schließlich überdauert, als einfaches und sparsames Gericht (auf der Basis von Getreide, Gemüse und Hülsenfrüchten).

Die Rezepte und Varianten dieser Suppe sind nahezu unerschöpflich, aber die Etymologie des Namens beschränkt sich auf nur eine Quelle, nämlich das lateinische Verb ministrare – ‘servieren, darreichen’ – was so viel bedeutete wie ‚Handeln mit Befugnis eines Anderen‘, seit dem 14. Jahrhundert aber auch für das Servieren von Speisen galt. Und schon haben wir das italienische Wort für die reichhaltige, dicke Gemüsesuppe – minestra, worin zum Ausdruck kommt, dass sie vom Haushaltsvorstand aus einem großen Topf serviert wurde, sowie die wörtliche Bedeutung von minestrone: ‘das, was serviert wird.’

Die italienische Sprache kennt noch ein anderes bekanntes Wort für Suppe, zuppa, eigentlich eine Brühe mit Brotscheiben, und vom gotischen suppa, ‘eingeweichtes Brot’, stammend.

Unsere Minestrone ist eine ganz traditionelle Minestra – Gemüse, Hülsenfrüchte und Nudeln oder Reis, gekocht in Brühe. Sie gehört in Italien zur cucina povera – zur ‘armen Küche’ – und wurde hauptsächlich aus Resten und ohne festes Rezept hergestellt. Im Prinzip kommt alles Gemüse, das man gerade da hat, frisch oder auch die gekochten Reste von gestern, Getreide und Hülsenfrüchte in einen Topf und wird mit Brühe angegossen. Das ist ganz einfach, spart Zeit und Geld und ist maximal sättigend.

Auch in englischen Druckschriften wird die berühmte italienische Suppe erstmals als preiswertes Armengericht erwähnt. 1871 hieß es in der Januarausgabe der sich mit Literatur und Religion befassenden Monatszeitschrift The Ladies Repository and Gathering of the West: „Ein Bauer ernährt sich von einer Schüssel Minestrone, und sie kostet ihn nur einen Penny.”

20 Jahre später hatte die Suppe nebst Rezept ihren Platz in einem Kochbuch gefunden, nämlich in Practical Household Cookery: „Die Minestrone ist ein echt italienisches Nationalgericht. Sie besteht aus einer Mischung aus Gemüse und Reis.”

Hungrig geworden? Dann schauen Sie doch mal im Kühlschrank und in der Küche nach, wo Sie all diese Dosen und Packungen für den Katastrophenfall gestapelt haben, und wenn sich gerade keine Katastrophe anbahnt, dann nehmen Sie diese und kochen Sie sich Ihre eigene Variante der herzhaften Suppe!