06.03.2018

Neutralität

Neutralität – Wort des Tages – EVS Translations
Neutralität – Wort des Tages – EVS Translations

Die Schweiz, manchmal Schweden, früher, zu Beginn des amerikanischen Bürgerkriegs, Kentucky, und jetzt das Internet: an diese Dinge denken wir meistens bei unserem heutigen Wort. Für viele ist es mit der Neutralität leider ein bisschen wie mit der Kunst – man kann sie nicht wirklich erfassen, aber man meint, sie zu erkennen, wenn man sie sieht. Was also bedeutet Neutralität eigentlich?

Ursprünglich stammt das Wort Neutralität entweder vom mittelfranzösischen neutralité oder vom mittelalterlich-lateinischen neutralitatem, die beide abgeleitet sind vom lateinischen Wortstamm für ‚neutral‘’, neutralis. Im Englischen verstand man darunter zunächst den ‚Mittelweg‘ (das Einnehmen weder der einen noch der anderen Position) und das Wort wurde etwa 1475 von John Capgrave in seinem Werk The Life of St. Katherine erstmalig verwendet, in dem er schrieb: „Neutrality whom meant he here in this plurality But god, which ye singularly confess? Between these too is no naturality.”

Nicht lange nach seiner Einführung gebrauchte man das Wort eher im angewandten Sinne, nämlich dass eine bestimmte Organisation eine Entscheidung getroffen hatte, die als neutral zu betrachten war. William Caxton stellte 1480 in The Chronicles of England fest: “The threefold governance in the church, that is to wit, of Eugenye, of the council, and of the neutrality.”

Und die Definition, mit der die meisten den Begriff verbinden –nämlich Neutralität im Sinne von Unparteilichkeit oder der Abwesenheit einer bestimmten Ansicht – hat ihren Ursprung in der Mitte der 1500er Jahre, wobei diese Bedeutung wesentlich aus einer Übersetzung von Girolamo Franchi de Conestaggios Werk The Historie of the Uniting of the Kingdom of Portugall to the crowne of Castill (1600) stammte: „Those Readers that can judge of the truth of a history and the neutrality of the writer.”

Mit der jüngsten Entscheidung, die sogenannte Netzneutralität in den Vereinigten Staaten aufzuheben, ist es insbesondere diese letzte Definition, von der die meisten Menschen betroffen sind. Obwohl eigentlich alle der Meinung sind, dass das Internet ein freier und neutraler Ort sein sollte, an dem Ideen frei ausgetauscht werden und zugänglich sind, können sich anscheinend nur wenige darauf einigen, wie man das am besten erreichen kann, besonders seit polarisierende Parteien versuchen, hier Einfluss zu nehmen und Verwirrung zu stiften. Eine Seite versucht, den Internetdienstanbietern (ISPs) die Schuld zu geben und glaubt, dass restriktive Bestimmungen und eine Regierungsaufsicht das Problem lösen, ohne dabei die Möglichkeit steigender Kosten und die Einschränkung des Wettbewerbs in Betracht zu ziehen. Die andere Seite macht beispielsweise die Web-Hosting- und Social-Media-Unternehmen verantwortlich, die zuvor an viel diskutierten Versuchen beteiligt waren, den freien Meinungsaustausch einzuschränken. Aber das stellt die Beschränkung des freien Meinungsaustauschs von juristischen im Verhältnis zu natürlichen Personen in Frage – ein weiteres heikles Thema. Das Problem ist daher wahrscheinlich nicht so bald gelöst – und auch dann werden wohl viele mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein – aber ähnlich wie bei unserem Wort liegt die Lösung bei der Netzneutralität wahrscheinlich dort, wo wahre Neutralität schon immer lag: irgendwo in der Mitte.